Verhaltenstherapie

 

Die Verhaltenstherapie hat ihren Ursprung im sog. „Behaviorismus“, der davon ausgeht, dass menschliches Verhalten (englisch: behavior) erlernt ist und daher auch wieder verlernt oder neu gelernt werden kann. Der Begriff Verhalten umfasst hier sowohl das beobachtbare Verhalten, als auch die Gedanken und die Gefühle eines Menschen. In einer Verhaltenstherapie geht es darum herauszufinden, ob es bestimmte Verhaltensweisen gibt, die dem Betroffenen das Leben erschweren oder Probleme noch verstärken. Im zweiten Schritt wird daran gearbeitet, solche Verhaltensweisen zu ändern.

 

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine Weiterentwicklung der Verhaltenstherapie und zählt zu den verbreitetsten und am besten untersuchten Formen von Psychotherapie. Ihre Grundannahme ist folgende: Was wir denken, wie wir uns fühlen und uns verhalten, hängt eng miteinander zusammen – und alle diese Faktoren haben einen entscheidenden Einfluss auf unser Wohlbefinden.

 

In einer kognitiven Therapie geht es zunächst darum, sich über die eigenen Gedanken, Einstellungen und Erwartungen klar zu werden, um dann in einem weiteren Schritt nicht zutreffende und belastende Überzeugungen aufzudecken und zu verändern. Denn es sind häufig nicht nur die Dinge und Situationen selbst, die Probleme bereiten, sondern auch die Bedeutung, die man ihnen beimisst.

 

Ein Beispiel: Man begegnet auf der Straße einem Bekannten und grüßt ihn, aber der Bekannte grüßt nicht zurück. Die eigene (gefühlsmäßige) Reaktion darauf hängt stark davon ab, wie man die Situation bewertet: der eine denkt, dass der Bekannte ihn absichtlich ignoriert hat, weil er ihn nicht mag. Der andere geht davon aus, dass der Bekannte ihn schlichtweg übersehen hat, vielleicht weil er in Eile war. Wer von den beiden sich besser fühlt, liegt eigentlich auf der Hand.

 

Mithilfe einer kognitiven Therapie kann man lernen, belastende und unangemessene Denkmuster durch realistischere und weniger schädliche Gedanken zu ersetzen. Die KVT hilft dabei, klarer zu denken und die eigenen Gedanken besser zu kontrollieren.

 

Die KVT ist eine problemorientierte Strategie. Es geht darum, an aktuellen Problemen zu arbeiten und Lösungen für sie zu finden. Im Gegensatz zu anderen Therapieformen beschäftigt sie sich weniger mit der Vergangenheit. Ziel der KVT ist vielmehr, die Probleme im Hier und Jetzt anzugehen. Die „Hilfe zur Selbsthilfe“ steht im Vordergrund: Man soll sein Leben so rasch wie möglich wieder ohne therapeutische Hilfe bewältigen können. Dies bedeutet nicht, dass der Einfluss vergangener Geschehnisse in einer kognitiven Verhaltenstherapie  ausgeblendet wird. Diese werden ebenfalls betrachtet, um die Entstehung und Aufrechterhaltung von Symptomen zu verstehen. Es geht aber vor allem darum, aktuell belastende Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern.

 

Wann kommt eine Verhaltenstherapie infrage?

Die Entscheidung für eine bestimmte Art von Psychotherapie hängt unter anderem davon ab, welche Ziele man damit verfolgt. Wenn jemand das Bedürfnis hat, tiefe Einblicke in die Ursachen seiner Probleme zu erhalten, ist eine VT nicht die Methode der ersten Wahl. Sie ist besonders dann sinnvoll, wenn jemand zuallererst konkrete Probleme bewältigen möchte und sich erst in zweiter Linie für deren Gründe interessiert.

 

Eine (kognitive) Verhaltenstherapie wird unter anderem zur Behandlung von Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen sowie Suchterkrankungen eingesetzt. Sie kommt aber auch bei körperlichen Erkrankungen wie chronischen Schmerzen, Tinnitus und Rheuma infrage.

 

Eine VT erfordert viel Engagement und Eigeninitiative. Eine Therapie kann nur erfolgreich sein, wenn man aktiv an der Behandlung mitarbeitet und auch zwischen den Sitzungen an den eigenen Problemen arbeitet. Bei einer ausgeprägten Symptomatik kann es notwendig sein, zunächst Medikamente einzusetzen, um die stärksten Symptome kurzfristig zu lindern und dadurch eine Psychotherapie erst zu ermöglichen.

 

Wie läuft eine VT ab und wie lange dauert sie?

Bei einer VT ist wie bei jeder Psychotherapie eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Psychotherapeut und Patient wichtig. Manchmal dauert es eine Weile, bis die richtige Therapeutin oder der richtige Therapeut gefunden ist.

 

Im ersten Gespräch stellt man seine aktuellen Probleme kurz vor und äußert Wünsche und Erwartungen an die Therapie. Auf dieser Basis werden die Behandlungsziele und der Therapieplan gemeinsam besprochen. Wenn sich die persönlichen Ziele im Verlauf der Therapie ändern, werden sie entsprechend angepasst.

 

Ein Teil der Therapie besteht oft darin, die eigenen Gedanken über einige Zeit in einem Tagebuch festzuhalten. Dann wird zusammen mit der Therapeutin oder dem Therapeuten geprüft: Schätze ich die Dinge angemessen und realistisch ein? Was geschieht, wenn ich mich in einer bestimmten Situation anders verhalte als sonst? Erreichte Fortschritte und mögliche Probleme kommen regelmäßig zur Sprache.

 

Im Rahmen einer VT werden auch Entspannungsübungen, Trainings zur Stress- oder Schmerzbewältigung und bestimmte Problemlöse-Strategien angewendet. Im Vergleich zu analytischen Psychotherapien ist die KVT eine kurzzeitige Behandlung. Wie lange eine KVT dauert, lässt sich allerdings nicht pauschal sagen. Manchen Menschen geht es bereits nach wenigen Sitzungen deutlich besser, bei anderen ist eine Behandlung über mehrere Monate bis hin zu Jahren nötig. Dies hängt unter anderem von der Art und Schwere der Probleme ab.

 

Ein Einzelgespräch dauert 50 min. Die Sitzungen finden anfangs idealerweise einmal pro Woche statt, die Abstände verlängern sich mit zunehmender Dauer. In Einzelfällen (bei der sog. Reizexposition, wo gemeinsam mit dem Therapeuten die angstauslösende Situation aufgesucht wird) kann es auch zu mehreren aufeinanderfolgenden Sitzungen an einem Tag kommen.

 

Kann eine VT auch unerwünschte Wirkungen haben?

Es ist nicht auszuschließen, dass eine Psychotherapie unerwünschte Wirkungen hat: So kann eine direkte Auseinandersetzung mit den eigenen Problemen oder Ängsten zunächst sehr belastend sein oder dazu führen, dass sich persönliche Beziehungen vielleicht verschlechtern. Wichtig ist, mit der Psychotherapeutin oder dem Psychotherapeuten offen darüber zu sprechen, wenn während der Therapie Schwierigkeiten auftreten.

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